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[Flugblatt v. 1914]
St. Martin im Mittelpunkte der größten Rebenfläche Deutschlands, der vom Dichtermund so vielfach besungenen, an landschaftlichen Schönheiten reichen und fruchtbaren bayerischen Rheinpfalz, erfreut sich Dank des von Jahr zu Jahr zunehmenden großen Fremden- und Touristenverkehrs und seiner rührigen Bemühungen noch einer glücklichen Zukunft. Wohl harren noch viele Aufgaben in mehr oder minder naher Zukunft ihrer Lösung, aber immer mehr wird man allen Anforderungen gerecht, die man an eine Landgemeinde mit regem Fremdenverkehr zu stellen pflegt. Schon äußerlich bietet St. Martin ein idyllisches, ein von der Natur mit allen Reizen ausgestattetes Gesamtbild.
Es ergeht daher im Interesse der ganzen St. Martiner Bevölkerung an alle Bürger die dringende Bitte, unsere Altertümer und romantischen Partien der Gemeinde zu erhalten. Ein jeder verständige und naturliebende Bürger, der die Werke und alten Schätze unserer Vorahnen nebst unserer von Gottes Natur so reich bedachten malerischen Gegend zu schätzen weiß, fühlt mit wenig freudigem Herzen, wie unsere Altertümerzahl rapid zu sinken beginnt und eine der reizvollsten, romantischen Partien der Pfalz, unser Hohlweg, der sogenannte "kühle Keller" dem Ruine verfällt.
Was ersteren Punkt über Altertümer betrifft, ergeht hiermit der dringende Mahnruf an alle Bürger St. Martins, keine Altertümer irgendwelcher Art (Möbel, Zinn, Geräte, Bilder usw.) nach Auswärts zu verkaufen. Ruhig wird zugesehen, wie gewinnsüchtige Händler, wie leidenschaftliche Privatsammler Stück um Stück verschleppen, wie die letzten Zeugen einer ungemein reizvollen Vergangenheit, prunkvolle Kostümstücke, farbenfrohe Schüsseln, Tassen, Krüge und Teller, schöne von der handwerklichen Geschicklichkeit früherer Tage erzählende Möbel allmählich verschwinden. Gerade hier kann nur ein wachsames Auge an Ort und Stelle unverbesserlichen Schaden verhüten. Immer und immer wieder muß man die traurige Erfahrung machen, daß irgend einem herumziehenden Händler die wertvollsten Objekte um einen Spottpreis in die Hände gefallen sind.
Wollen nun alle St. Martiner Altertumsbesitzer ihre Angaben beim Vorstande des Verkehrsvereins St. Martin melden, um die Zahl und Art der Altertümer festzustellen und eventuell später ein Heimatmuseum gründen zu können. Auch die Renovierung von St. Martiner Altertümern möge man nicht versäumen beim Verkehrsverein St. Martin anzumelden, da derselbe in der Lage ist, bei etwaigen wertvollen Altertümern unterstützend zu wirken, eventuell kostenlose Renovierung zuzusichern.
Betreffs letzten Punktes des Hohlweges St. Martin möchten wir die dringende Bitte an die dort Begüterten richten, unser schönstes Plätzchen von St. Martin durch Abholzen oder sonst dergleichen nicht zu ruinieren. Auch unsere für den Weinbau so wichtige Vogelwelt würde ihr Klagelied ertönen lassen, wenn man um eines ganz geringen materiellen Nutzens willen unser romantisches Plätzchen zerstört.
Wir St. Martiner können stolz sein, in einem Paradies wohnen zu dürfen, das leider nicht viele zu schätzen
wissen. Darum, St. Martiner Einwohnerschaft, folgt dem dringende Mahnrufe: "Schützt Euer Heimatbild!"
Von hoher Stelle aus wird bei rühriger Tätigkeit der St. Martiner eine Unterstützung nicht fehlen. Auskunft über
Wert und Alter der Gegenstände erteilt kostenlos der
Verkehrsverein St. Martin
Auskunftsstelle über St. Martin
Altertümer und Umgebung
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Ausschußsitzung am 31. März 1914 bei Mitglied
Herrn Fritz Jäger 'zum Bären'.
Folgende Neuaufnahmen wurden genehmigt:
Remmig Alois, Kammermeyer Matthäus, Gerst Jacob, Kraus
Franz. Der besondere Wunsch ein Flugblatt betreff
Bitte und Aufklärung der St. Martiner Altertümer an die
Einwohnerschaft zur Verteilung zu bringen wurde
die größte Sympathie gezeigt und der Auftrag zum
Drucken erteilt...
Anmerkungen:
Wirtschaft zum Bären, Fritz Jäger: heute 'Bistro Boulevard', Mühlstraße
Den Text des Flugblattes schrieb Richard Platz.